Schönheitsreparaturen & Co.: Schadensersatz für Vermieter

Der Mieter ist ausgezogen und die Wände glitzern in knalligen Farben oder haben Bohrlöcher – ein Vermieter muss nicht alles hinnehmen. In manchen Fällen wird Schadensersatz fällig. Was gilt? Eine Sammlung von Urteilen.

Mieter und Eigentümer kommen nach dem Mietende häufig darüber ins Streiten, wer für die Schönheitsreparaturen nach dem Auszug zuständig ist, was renoviert werden muss und was augebessert werden soll. So haben die Gerichte entschieden.

Bohrlöcher in Fliesen: Vertragsgemäße Nutzung?

Das Durchbohren von Fliesen ist nur dann eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache, wenn der Mieter das Bohrloch nicht in der Fuge platzieren kann, hat das Amtsgericht Paderborn entschieden. Zum einen habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass ein Durchbohren der Fliese erforderlich gewesen sei, zum anderen habe der Mieter, der den Vermieter auf Rückzahlung der Kaution plus eines überzahlten Betrags verklagt hatte, das auch nicht dargelegt.

Der Vermieter musste keine Rückzahlung leisten. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass der gegen den Mieter einen Anspruch auf Schadensersatz hat, mit dem er aufrechnen darf. Das ergebe sich zunächst auch daraus, dass er gegen eine individuelle Vereinbarung im Mietvertrag verstoßen hat, die das ausdrücklich untersagte.

(AG Paderborn, Urteil v. 8.4.2024, 51 C 135/23)

Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass der Mieter normalerweise die Löcher in der Fuge der Fliese und nicht auf die Fliese selbst setzen darf. Etwas anderes gilt, wenn das nicht möglich ist. Das ergebe sich daraus, dass der Mieter gegenüber dem Vermieter zur Rücksichtnahme verpflichtet ist.

(LG Berlin, Urteil v. 10.1.2002, 61 S 124/01)

Das Amstgericht Rheinbach sah das Anbohren von 14 Fliesen in der Küche als vertragsgemäß an, weil es zum Anbringen einer Arbeitsplatte erforderlich gewesen sei.

(AG Rheinbach, Urteil v. 7.4.2005, 3 C 199/04)

Demgegenüber ist das Amtsgericht Köpenick bei einem Mieter von einer vertragswidrigen Nutzung ausgegangen, der in der Küche acht Wandfliesen mit Bohrlöchern versehen hatte. Darüber hinaus waren zwei Wandfliesen sowie drei Bodenfliesen gerissen.

(AG Köpenick, Urteil v. 5.10.2012, 4 C 64/12)

Nach Mietende: Schadensersatz bei Substanzverletzungen

Endet ein Mietverhältnis, bevor die im Vertrag festgelegten Renovierungsfristen abgelaufen sind – oder ist die vertragliche Schönheitsreparaturklausel unwirksam, etwa weil die Wohnung unrenoviert übergeben wurde –, ist der Mieter beim Auszug grundsätzlich nicht zu Malerarbeiten verpflichtet. Unabhängig davon hat der Mieter aber eine Pflicht zur Beseitigung von Substanzverletzungen an der Mietsache.

Auch Dübellöcher stellen einen Substanzeingriff dar. Allerdings ist hier strittig, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter zur Beseitigung der Löcher verpflichtet ist. Immer, sagt das Landgericht Wuppertal – und zwar unabhängig davon, in welcher Anzahl sie vorhanden sind. Auch mit Latexfarben bemalte Wände müssen überstrichen werden.

Wegen der fehlenden Beseitigung – die trotz Fristsetzung nicht erfolgte – der Latexfarben und der Dübellöcher haben sich die Mieter letztlich schadensersatzpflichtig gemacht.

(LG Wuppertal, Urteil v. 16.7.2020, 9 S 18/20)

Manche Mieter beanspruchen die Wände sehr stark, indem sie alle paar Zentimeter einen Dübel setzen – hier: 50 bis 60 in einem Raum. Ist ein Eigentümer gezwungen, das für den Mieter zu erledigen, kann er nach Ansicht des Amtsgerichts Mönchengladbach Schadensersatz fordern, der sich ganz wesentlich an den Kosten für die Farbe orientiert.

(AG Mönchengladbach, Urteil v. 2.8.2012, 11 C 329/11)

Das Amtsgericht Schöneberg ging bei einem Mieter von einer vertragswidrigen Nutzung aus, der 59 Löcher für Dübel in seinem Badezimmer gebohrt hatte. Laut Gericht war nicht ersichtlich, wofür diese gebraucht wurden

(AG Schöneberg, Urteil v. 12.3.2014, 6 C 480/13)

Das Landgericht Hamburg sah 32 Dübellöcher in einem Bad noch als vertragsgemäße Nutzung an. Die Richter begründeten das damit, dass der Vermieter das Badezimmer unzureichend ausgestattet hatte. Auf Halter für Spiegel, Spiegelkonsole und Spiegellampen, Handtücher, Zahnputzgläser, Seifenschale, Klopapierrolle, Klobürste, Duschstange sowie einen Haltegriff an der Badewanne sei der Mieter angewiesen.

(LG Hamburg, Urteil v. 17.5.2001, 307 S 50/01)

Lila ja, Glitzerfarbe nein: Was muss ein Vermieter dulden?

Ein Sternenhimmel an der Decke, eine lila-grüne Bordüre an der Wand – was dem Eigentümer gefällt, muss dem Mieter noch lange nicht passen. Deswegen akzeptierte das Landgericht Krefeld die Übergabe einer Wohnung in diesem Zustand nicht als renovierte Wohnung. Die Folge: Der Mieter hatte bei Auszug keine Pflicht zu Schönheitsreparaturen.

(LG Krefeld, Urteil v. 26.8.2021, 2 S 26/20)

Die Wandfarbe Helllila hingegen galt dem Landgericht Halle zufolge als nicht so außergewöhnlich, dass sie dem Eigentümer bei einer Rückgabe nicht zugemutet werden könnte. Von einer Sachbeschädigung durch das Streichen in dieser Farbe könne schon gar keine Rede sein. Grundsätzlich sei ein Mieter frei, "die Wände, je nach Mode, in beliebiger Art (zu) streichen", heißt es in dem Urteil.

(LG Halle, Beschluss v. 8.7.2021, 1 S 36/21)

Wenn aber Mieter für die Wände Glitzerfarbe verwenden, müssen sie diese beim Auszug entfernen. Das Amtsgericht Paderborn bezeichnete ein solches Dekor als ungewöhnlich und nicht so neutral, wie es bei der Rückgabe einer (bei der ursprünglichen Übergabe weiß gestrichenen) Wohnung erforderlich sei.

(AG Paderborn, Urteil v. 3.12.2020, 57 C 44/20)

Mieter dürfen sich, wenn sie die Wände streichen, auf die Produktangaben des Farbenherstellers und auf die fachkundige Beratung im Baumarkt verlassen, so das Amtsgericht München. Der Eigentümer hatte nach dem Auszug eines Paares 4.000 Euro Schadensersatz gefordert, weil die Farbe nicht geeignet sei. Doch der Firmenbeschreibung nach war sie für Innenräume vorgesehen. Das war für das Gericht maßgeblich.

(AG München, Urteil v. 21.5.2015, 432 C 7911/15)

Einbaumöbel, Fenster innen und außen: Streichen?

Ist in einem Mietvertrag davon die Rede, dass die Einbaumöbel gemäß Schönheitsreparaturklausel vom Mieter zu streichen seien, so ist das ungültig. Hier könne man von einem Übermaß sprechen, das dem Mieter abverlangt werde, urteilte das Landgericht Berlin.

(LG Berlin, Urteil v. 17.11.2015, 67 S 359/15).

Wenn in einer Klausel zu Schönheitsreparaturen festgelegt ist, dass die Innentüren gestrichen werden müssen, kann der Vermieter nicht stattdessen ein Abbeizen und Ölen der Türen verlangen. Dazu ist der Mieter nach Auffassung des Landgerichts Berlin nicht verpflichtet, denn es war eindeutig in den Vereinbarungen nicht so vorgesehen.

(LG Berlin, Urteil v. 6.7.2021, 65 S 292/20)

Schönheitsreparatur beim Vermieter: Mieterwünsche

Liegt die Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen beim Vermieter, muss dieser beim Anstrich die Farbwünsche des Mieters berücksichtigen, wenn hierdurch keine Mehrkosten entstehen oder sonstige Interessen dagegen sprechen.

Die Wohnung ist ein verfassungsrechtlich geschützter, räumlich abgegrenzter Bereich zur eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensgestaltung. Daher ist es laut Landgericht Berlin geboten, dem Mieter einen weitgehenden Ermessensspielraum in Bezug auf das Gebrauchsrecht und die Dekoration der Mieträume zuzubilligen, solange berechtigte Vermieterinteressen dem nicht entgegenstehen. Dass den Vermietern hier durch einen weißen Anstrich anstelle eines gelben Mehrkosten entstehen, war den Richtern nicht ersichtlich.

(LG Berlin, Beschluss v. 23.5.2017, 67 S 416/16)

Streicht ein Vermieter die Wände und Decken der Wohnung, darf er nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Mitte keine grellen Farben und Tapeten verwenden. Er muss dezente Farben wählen, so wie er das vom Mieter bei Rückgabe erwarten könnte.

Ein Mieter hat kein grundsätzliches Recht darauf, eine Farbe zu bestimmen. Der Vermieter ist aber – genau wie der Mieter im umgekehrten Fall – gehalten, einen neutralen oder gedeckten Farbton zu wählen, damit die Farbwahl der Wände nicht von vornherein zu einer Unverträglichkeit mit den denkbaren Farben von Einrichtungsgenständen (Möbeln, Gardinen, Teppichen, Bildern) führt. Die Mieter hatten zurecht verweigert, die Wände hellblau streichen zu lassen und durften die Arbeiten anderweitig in Auftrag geben.

(AG Berlin-Mitte, Urteil v. 8.8.2013, 121 C 135/13)

Abwälzung von Schönheitsreparaturen: Klausel wirksam?

Nach Auffassung des Landgerichts Berlin ist die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf Mieter auch bei renoviert übergebener Wohnung unwirksam, wenn dem Mieter kein (finanzieller) Ausgleich gewährt wird. Der Mietvertrag enthielt die Klausel "Die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt der Mieter". Die Richter verneinten auch einen Anspruch der Vermieter auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.

Zur endgültigen Klärung der Frage, ob solche Klauseln wirksam sind oder nicht, ließ das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu. Im März 2015 hatte der BGH bereits seine Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen in wichtigen Punkten geändert: Seinerzeit stellten das Gericht klar, dass eine formularmäßige Übertragung der Renovierungspflicht auf den Mieter jedenfalls dann unwirksam ist, wenn die Wohnung unrenoviert übergeben wurde.

(LG Berlin, Urteil v. 9.3.2017, 67 S 7/17)

Zustand der Wohnung bei Einzug: Beweis beim Mieter

Beruft sich ein Mieter auf die Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel, weil die Wohnung bei Mietbeginn renovierungsbedürftig gewesen sei, muss er beweisen, dass damals Renovierungsbedarf bestand. Das gilt auch, wenn das Mietverhältnis lange Zeit – hier: 58 Jahre – bestanden hat. Kann der Mieter den Beweis nicht führen, geht das zu seinen Lasten, hat das Landgericht Berlin entschieden.

(LG Berlin, Urteil v. 18.8.2015, 63 S 114/14)


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Schlagworte zum Thema:  Mietrecht, Schönheitsreparaturen