ESG-Datenstrategie in der Praxis

Unternehmensführung ohne Daten ist wie Segeln ohne Kompass. Daten zu den Themen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sind in unserer Zeit für Unternehmen wichtiger denn je, um Kurs zu halten – gelockerte und verschobene Berichtspflichten hin oder her. Anhand eines Beispiels aus der Praxis erklären Jens Lange und Sebastian Jansen, wie der Startschuss für eine integrierte ESG-Datenstrategie gelingen kann.

Datengestützt vorauszuschauen, bleibt Priorität für jedes Unternehmen

Der größte Mehrwert von Nachhaltigkeitsdaten liegt in der risikoinformierten und zukunftsorientierten Unternehmenssteuerung: ESG-Daten ermöglichen es, Risiken entlang der Wertschöpfungskette besser zu verstehen, strategische Anpassungen vorzunehmen und Wachstumschancen zu identifizieren.

Doch gerade für KMU und zivilgesellschaftliche Organisationen ist die strukturierte Erfassung von ESG-Daten oft eine Herausforderung, weil Ressourcen begrenzt sind und die Integration in bestehende Systeme komplex und aufwendig ist. Die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitszertifikaten, Transparenzanforderungen und regulatorischen Berichtspflichten führt schnell zu einer Datenflut, die den Blick auf strategisch relevante Handlungsempfehlungen versperrt. Durch die erheblich reduzierten Aufwände für Berichtspflichten, kann jetzt der Aufbau einer zielgerichteten ESG-Datenstrategie in den Mittelpunkt rücken, die es Organisationen ermöglicht, alle wesentlichen ESG-Daten strukturiert zu erfassen und handlungsorientiert im Sinne der Organisation auszuwerten.

Eine ESG-Datenstrategie ist daher der konsequente Schritt im Rahmen von Foresight- und Strategieprozessen. Sie bildet die Grundlage dafür, dass Unternehmen und Organisationen aus Kennzahlen strategische Erkenntnisse gewinnen, die nachhaltige Weiterentwicklung und Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen. Eine professionelle ESG-Datenstrategie hilft, Prozesse zu optimieren, Innovationen anzustoßen und langfristige Resilienz und Zukunftsfähigkeit zu sichern. Entscheidend ist daher nicht nur, wie ESG-Daten erhoben werden, sondern vor allem, wie sie effizient gespeichert, strukturiert und genutzt werden können.

Zwei Voraussetzungen für eine erfolgreiche ESG-Datenstrategie

Eine professionelle ESG-Datenstrategie muss zwei zentrale Anforderungen erfüllen:

Sie muss einerseits eine zielgerichtete Nachhaltigkeits-Dateninfrastruktur aufbauen, die ein effizientes Datenmanagement mit einer zentralen Datenspeicherung mit hoher Datenqualität ermöglicht, sodass ESG-Daten konsistent, vergleichbar und zuverlässig sind. Dies reduziert Redundanzen, erleichtert den Zugriff auf relevante Informationen und verhindert Inkonsistenzen zwischen verschiedenen Bereichen und Berichtsformaten.

Und sie muss andererseits eine strategische und operative Nutzung der Daten ermöglichen, um entscheidende Erkenntnisse für die Optimierung und Weiterentwicklung des Unternehmens zu liefern. Eine zukunftsgerichtete ESG-Datenstrategie fokussiert sich daher auf die Potenziale, die in den Daten liegen: Optimierungspotenziale in Geschäftsprozessen durch gezielte Analyse von Ressourcennutzung, Emissionen oder sozialen Indikatoren; Effizienzgewinne in der Liefer- und Wertschöpfungskette durch besseres Monitoring und vorausschauendes Risikomanagement; Weiterentwicklung des Geschäftsmodells auf Basis von ESG-Daten, zum Beispiel durch nachhaltige Innovationen oder neue Marktchancen.

Entscheidend für den Erfolg einer ESG-Datenstrategie ist zudem eine organisatorische Verankerung, die Schnittstellen zwischen Nachhaltigkeitsmanagement, Risikomanagement, Unternehmensentwicklung und Corporate Foresight schafft. So wird sichergestellt, dass ESG-Daten nicht isoliert betrachtet, sondern als integrierter Bestandteil der Unternehmenssteuerung genutzt werden.

Ein weiteres zentrales Element ist die „Sustainability Data Literacy“ – die Fähigkeit, ESG-Daten nicht nur zu erfassen, sondern sie in den richtigen Kontext zu setzen, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und Chancen sowie Risiken frühzeitig zu identifizieren.

Wie Organisationen aus ESG-Daten echten Mehrwert ziehen: Einblick in die Umsetzung einer ESG-Datenstrategie

Wie eine ESG-Datenstrategie in der Praxis aufgebaut werden kann, zeigt unser Einblick in ein Projekt für einen bundesweit aktiven Wohlfahrtsverband. Ziel war es, die Grundlagen für eine nachhaltige Dateninfrastruktur zu schaffen, um die Datenerfassung und -aufbereitung für die CSRD-Berichterstattung zu standardisieren, die Effizienz der Prozesse zu steigern und strategische Auswertungen zu ermöglichen.

Eine erfolgreiche ESG-Datenstrategie beginnt mit einer soliden Bestandsaufnahme:
Hier geht es darum, den bestehenden Prozess der Datenerfassung zu analysieren und Schnittstellen zu vorhandenen Datenbanken zu identifizieren: Welche Datenquellen und Systeme gibt es? Welche ESG-Daten werden bereits erfasst, und wo bestehen noch Lücken oder Optimierungspotenziale?

Darauf folgt die Bedarfsklärung:
Ausgehend vom Grundgedanken, dass die gesammelten Daten der strategischen Entscheidungsfindung innerhalb des Verbands dienen sollen, haben wir konkrete Anwendungsfälle identifiziert, zu denen ESG-Daten einen entscheidenden Mehrwert liefern: Hierzu zählten u.a. die Verbands- und Sozialberichterstattung für eine stärkere Transparenz in der sozialen Wirkung des Verbandes, die Unterstützung des politisches Lobbyings auf Basis belastbarer ESG-Daten, zum Beispiel durch detaillierte Informationen zum Energieverbrauch und Sanierungsstand von Einrichtungen, sowie die Erfassung des ehrenamtlichen Engagements der eigenen Belegschaft zur besseren Steuerung von Freiwilligenprogrammen.

Im Schritt der Konzeptentwicklung entsteht das Fundament für die ESG-Datenstrategie:
Da Nachhaltigkeitsdaten im Regelfall in unterschiedlichen Datenbanken und Formaten vorliegen, geht es hierbei vor allem um die Integration bestehender Systeme, die klare Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Abstimmung mit relevanten internen Stakeholdern, um eine reibungslose Umsetzung sicherzustellen.

Anschließend stehen die Systemauswahl und Implementierung an:
Hier werden Anforderungen und notwendige Schnittstellen für die Toolauswahl definiert, bestehende ESG-Softwarelösungen analysiert und verglichen, um eine automatisierte Erfassung und Verarbeitung der Daten zu ermöglichen.

Zum Abschluss wird eine Umsetzungs-Roadmap entwickelt:
Diese legt klare Schritte, Verantwortlichkeiten und Zeitpläne für die Einführung und kontinuierliche Optimierung des ESG-Datenmanagements fest. So wird sichergestellt, dass die ESG-Datenstrategie nicht nur auf dem Papier existiert, sondern langfristig als strategisches Steuerungsinstrument genutzt wird.

Durch den dargestellten Prozess lassen sich die vielfältigen Mehrwerte einer ESG-Datenstrategie nutzen: Sie ermöglicht Organisationen nicht nur, ihre Nachhaltigkeitsleistung sichtbar zu machen, sondern auch bessere Entscheidungen zu treffen, Risiken zu minimieren und neue Potenziale zu erschließen. In unserem Projektbeispiel trägt sie dazu bei, dass der Verband mittelfristig über die neue ESG-Datenstruktur nicht nur seine Nachhaltigkeitskennzahlen effizienter erfassen kann, sondern erstmals zentralisiert fundierte Einblicke in strategische und operative Optimierungspotenziale sowie seine soziale Wirkung erhält.

ESG-Daten sind das strategische Steuerungsinstrument für zukunftsfähiges Wirtschaften

Wer Nachhaltigkeit als festen Bestandteil einer risikoinformierten und zukunftsorientierten Unternehmenssteuerung ernst nimmt, kommt an einer professionellen ESG-Datenstrategie nicht vorbei. Sie ist ein wesentliches Steuerungsinstrument, um Unternehmen resilient, innovativ und zukunftsfähig zu machen. Organisationen, die ESG-Daten richtig nutzen, gewinnen wertvolle Einblicke für ihre strategische Weiterentwicklung.