"Wir haben eine starke Historie und starke Produktnamen"


Marktgespräch HR Software mit Christoph Kull von Proalpha

Atoria wurde erst im Dezember 2024 ins Handelsregister eingetragen. Aber die Unternehmen, die unter diesem Dach zusammengeführt wurden, sind bekannt: Tisoware, Persis und Quiply. Christoph Kull, President Business Applications bei der Muttergesellschaft Proalpha, erläutert im Marktgespräch HR Tech, wie Atoria zur ersten Adresse für HR-Software im Mittelstand werden soll. 

"Wir haben Atoria gegründet, um eine gesamte Suite für HR-Verantwortliche anzubieten. Wir haben eine starke Historie und starke Produktnamen", fasst Christoph Kull, President Business Applications bei Proalpha, die Ursprünge des jungen Unternehmens zusammen, das Ende 2024 aus Tisoware, Persis und Quiply entstanden ist. Sein Unternehmen veröffentlicht keine Zahlen. Nur die Zahl der Mitarbeitenden kann genannt werden: 220 Personen sind für die drei Ursprungsunternehmen tätig. Was sich laut dem Geschäftsführer bei Atoria aber schon jetzt abzeichnet, ist Wachstum: "Wir verzeichnen ein solides Wachstum im Vergleich zum Vorjahr."

Das führt er darauf zurück, dass trotz der zurückhaltenden Wirtschaftslage investiert wird. Dazu trage ein großer Aufholbedarf im Mittelstand bei, die Prozesse im HR-Umfeld zu digitalisieren. Auch die Regulatorik ziehe Investitionen nach sich: Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung muss umgesetzt werden, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist immer noch ein Thema. Ein anderes Thema ist das Kritis-Dachgesetz, das zumindest bei bestimmten Unternehmen erhöhte Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Auch der Trend zur Arbeitszeitflexibilisierung führt weiterhin dazu, dass Aufgaben von Zeiterfassung bis Schichtplanung digitalisiert werden. "Darüber hinaus erwarten die Personalverantwortlichen, dass wir ständig Innovationen vorantreiben. Deshalb investieren wir auch in KI-Applikationen, um unseren Kunden zu helfen, effizienter und besser zu werden", erklärt Christoph Kull. Dazu später mehr.

Das Ziel: Die erste Adresse für HR-Software im Mittelstand

Im jährlichen HR-Software-Ranking des Personalmagazins vom 30. September 2024 liegt Tisoware auf Rang 24. "Wenn wir das Angebot um Persis und Quiply erweitern, ist davon auszugehen, dass unsere Position im Jahr 2025 deutlich besser wird", sagt Christoph Kull. Tisoware steht innerhalb des neuen Verbunds für die Themen Personaleinsatzplanung, Zeiterfassung, Zutrittskontrolle und Sicherheit sowie eAU. Persis ist Anbieter von Lösungen für Bewerbermanagement und Onboarding, digitale Personalakte, Personalentwicklung, -management sowie Personalcontrolling und -reporting. Und Quiply hat eine App für die Mitarbeiterkommunikation vor allem für Non-Desk-Worker entwickelt.

Ziel des neuen Unternehmens ist es, für den Mittelstand die erste Adresse zu sein, wenn es um Software für den Fachbereich HR geht. Dazu soll die komplette Suite beitragen, die nahtlos die gesamte Bandbreite der genannten HR-Themen abdeckt. Für all diese Funktionen gibt es einen einzigen Ansprechpartner und keine komplizierten Schnittstellen. Christoph Kull merkt an: "Wir müssen dafür Sorge tragen, dass unsere Produkte harmonisch zusammenarbeiten. Das war der Grund, weshalb wir gesagt haben: Ein Lösungsangebot, um alle Herausforderungen im Personalbereich abdecken zu können."

Eine Lösung für die Lohn- und Gehaltsabrechnung ist in der Produktpalette allerdings nicht enthalten. Ein Grund liegt laut Kull in der Tatsache, dass viele Personalbereiche im Mittelstand ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung nicht selbst betreiben, sondern an einen Dienstleister übergeben.

KI-Applikationen als Mehrwert für den HR-Bereich

Ein Thema, das derzeit in aller Munde ist, ist künstliche Intelligenz. Als Teil der Proalpha Gruppe kann Atoria auf Technologien aus der Gruppe zurückgreifen, zu der auch zwei KI-Unternehmen gehören: Nemo und Empolis. Nemo entwickelt KI für strukturierte Daten, Empolis für unstrukturierte Daten. Auf Basis dieser KI-Technologien werden eigene KI-Applikationen für Atoria erstellt, zum Beispiel für das Bewerbermanagement, für einen HR-Chatbot, für Weiterbildung oder Talent Management.

Für wichtig hält Christoph Kull hierbei zwei Aspekte. Der erste: Die Kunden erhalten einen Algorithmus, der trainiert ist, aber im praktischen Einsatz nur mit den Unternehmensdaten arbeitet. Zwar könnten Unternehmen auch allgemein verfügbare KI-Technologien wie Chat GPT nutzen. "Sie müssen sich aber im Klaren sein, dass die Daten im Internet und vor allem intransparent genutzt werden können", gibt er zu bedenken. "Wir wollen eine vertrauenswürdige KI liefern, die mit vielen Daten trainiert ist, aber wenn sie eingesetzt wird, nur auf den Daten des Kunden basiert. Gerade im HR-Bereich ist das extrem wichtig."

Der zweite Aspekt des KI-Einsatzes: Innerhalb von HR soll die Technologie in bewährte Prozesse eingebettet sein – da, wo sie einen Mehrwert generiert. Die KI könne zum Beispiel anhand der Skills und der dokumentierten Mitarbeitergespräche Lernangebote für einzelne Personen aussprechen. Es gehe um Empfehlungen, die Entscheidungen treffe weiter der Mensch, sagt Kull.

Unternehmensstrategie innerhalb der Proalpha Gruppe

Der Mittelstand ist, wie bereits erwähnt, die Hauptzielgruppe von Atoria. Ähnlich gilt das auch für die Muttergesellschaft Proalpha Group. Während Atoria eigenständig innerhalb der Gruppe agiert und die Personalthemen branchenübergreifend bespielt, deckt Proalpha im Kern das Segment ERP ab und ist vor allem in Branchen wie Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Medizintechnik, Elektrotechnik und Großhandel vertreten. Zur Gruppe gehören außerdem unter anderem Lösungen für Customer-Relationship-Management, für Einkauf und Supply Chain, für Qualitätsmanagement und Produktionssteuerung sowie für Energie- und CO2-Managerment. Weitere Zukäufe sind laut Kull derzeit nicht geplant. Allerdings sei es Teil der Strategie, laufend auf den Markt zu schauen und zu prüfen, welche Funktionen die Kunden benötigen. "Wir prüfen, ob wir das selbst entwickeln können. Das ist zum Beispiel bei den KI-Applikationen der Fall. Wenn es einen Bedarf gibt, den wir nicht selbst abdecken können, überlegen wir, ob wir das über eine Akquisition hinzufügen können."



Zur Serie: Im "Marktgespräch HR Tech" spricht die Haufe Online Redaktion in regelmäßigen Abständen mit Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen etablierter Softwarehäuser sowie aufstrebender Startups und beleuchtet dabei die Entwicklungen und Trends im Markt für HR-Software.