Zulässigkeit von Werbe-Mailings

Was ist eine Werbe-E-Mail?
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E-Mails dieser Art werden täglich von Unternehmen versandt. Diese E-Mail war Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt, Urteil vom 22.3.2018, 2-03 O 372/17). Das Gericht hatte sich u.a. mit den Fragen zu beschäftigen: Ist dies eine Werbe-E-Mail? Und wenn ja – unter welchen Voraussetzungen ist der Versand zulässig?
Beim Inhalt der Werbe-E-Mail kommt es auf den genauen Wortlaut an. In Kopf- und Briefzeile der Nachricht dürfen weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht verschleiert werden. Die Gestaltung der Werbe-E-Mail muss deren Werbezweck offenlegen und darf den Empfänger diesbezüglich nicht in die Irre führen. Um Werbung handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil v. 12.9.2013, I ZR 208/12) bei Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.
Erfordernis der vorherigen Einwilligung des Adressaten
Das Versenden einer Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung des Adressaten ist eine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG, d.h. wettbewerbswidrig und damit unzulässig.
Die Einwilligung muss folgende vier Voraussetzungen erfüllen:
- sie muss freiwillig abgegeben werden;
- der Versender trägt die Nachweis- und Dokumentationspflicht;
- der Einwilligende hat ein Auskunftsrecht bzgl. des Inhalts seiner Einwilligung;
- der Widerruf der Einwilligung muss so einfach wie die Erteilung sein.
Wann ist ausnahmsweise keine Einwilligung erforderlich?
Eine Einwilligung ist ausnahmsweise nach § 7 Abs. 3 UWG nicht erforderlich, wenn folgende Voraussetzungen (kumulativ) erfüllt sind:
- Der Unternehmer hat die Mailadresse im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen vom Kunden erhalten;
- der Unternehmer verwendet die Mailadresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen, die der Kunde bereits erworben hat;
- der Kunde hat der Verwendung seiner Mail-Adresse nicht widersprochen und
- der Kunde ist bei Erhebung der Adresse und jeglicher Verwendung darauf hingewiesen worden, dass er der Zusendung von Werbung jederzeit noch widersprechen kann.
Doch birgt es auch Risiken, sich auf diese Ausnahmeregelung zu verlassen. Beispielsweise ist nicht immer klar, wann ein Produkt „ähnlich“ oder „fremd“ ist. Daher ist eine ausdrückliche Einwilligung des Kunden immer der (rechtlich) sicherere Weg.
Anforderungen an die Einwilligung: Quo vadis ePrivacy-Verordnung?
Mit Blick in die Zukunft ist es wahrscheinlich, dass eine neue ePrivacy-Verordnung der EU die bisherige Regelung des § 7 UWG ablösen wird. Wie diese aussehen wird und wann genau mit ihr zu rechnen ist, ist derzeit noch unklar. Die Anforderungen an die Einwilligung dürften aber größtenteils gleichbleiben, da auch der bereits vorhandene Entwurf für die ePrivacy-Verordnung auf die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verweist und das dort verankerte Erfordernis einer Einwilligung übernimmt.
Fazit:
Beim Versand von Werbe-Mailings ist man auf der sicheren Seite, wenn die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG erfüllt sind oder vor Versand eine Einwilligung des Adressaten eingeholt worden ist.
In dem eingangs erwähnten Fall hat das LG Frankfurt entschieden, dass es sich um unzulässige Werbung handelt. Denn: Es wurde weder eine Einwilligung eingeholt, noch waren die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG erfüllt. Das beklagte Unternehmen wurde zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt. Um es so weit gar nicht erst kommen zu lassen, sollten Unternehmen bei der Gestaltung von Werbe-Mailings die rechtlichen Vorgaben beachten und in Zweifelsfällen anwaltlichen Rat einholen.
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